Bankenviertel

Die Expansion von Bergbau und Stahlindustrie im 19. Jahrhundert ließ die Industriestadt Essen zu einem Bankenzentrum im Ruhrgebiet heranwachsen. An der Lindenallee entwickelte sich ein Bankenviertel, in dem sich zahlreiche Kreditinstitute niederließen.

Städtebaulich möglich wurde dies durch den Umbau der Altstadt in den Jahren um 1900. An der Lindenallee entstanden repräsentative, zum Teil sogar monumentale Bankgebäude. Die Essener Credit-Anstalt , die bereits 1872 unter Mitwirkung des Industriellen Friedrich Grillo gegründet worden war, ließ 1898-1901 ihr Gebäude errichten. Die weithin sichtbare Kuppel setzte ein Zeichen für das neu entstehende Bankenviertel (Architekt Peter Zindel).

Die Entwicklung des Finanzplatzes Essen versinnbildlicht vor allem der Aufstieg des Privatbankhauses Simon Hirschland zu einem der größten Bankhäuser in Deutschland. 1841 gründete Simon Hirschland (1807-1885) das Institut, das aus einem Handelsgeschäft der Familie Hirschland hervorgegangen war. Sein Sohn Isaac Hirschland (1845-1912) weitete die Geschäftstätigkeit aus, indem er sich an der Finanzierung des Bergbaus beteiligte. Seine Söhne Kurt Martin und Georg Simon Hirschland (1882-1957 und 1885-1942) bauten schließlich die Bank zu einem Kreditinstitut mit internationaler Ausrichtung aus. 1910-1911 ließ das Familienunternehmen ein repräsentatives Palais bauen (Architekt Carl Moritz).

Die Familie Hirschland war als Mäzen in der Stadt Essen und der jüdischen Gemeinde bekannt. Sie unterstützte den Bau der Synagoge an der Steeler Straße (1911-1913) und den Ankauf der Gemäldesammlung von Karl Ernst Osthaus, die den Grundstein für das Museum Folkwang legte (1922).

Im Nationalsozialismus wurde ihr Unternehmen „arisiert“ und die Familie musste das Bankhaus mit hohen Verlusten verkaufen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die Familie eine Wiedergutmachungszahlung, sprach sich aber dagegen aus, dass die Bank wieder ihren Namen führen sollte. Zur Erinnerung an die Familie wurde 1985 der angrenzende Wiener Platz in Hirschlandplatz umbenannt.

Das Bankenviertel wurde 1929 mit einem Verwaltungsgebäude abgerundet, das als erstes „Hochhaus“ Essens galt. Das Deutschlandhaus (Architekt Jacob Koerfer) bildet mit dem Baustil der Neuen Sachlichkeit einen Kontrast zu den traditionellen Bauten der Bankhäuser.

Ein weiteres Beispiel für modernes Bauen in den 1920er Jahren stellt der Gebäudeblock an der östlichen Seite des Hirschlandplatzes dar. Das Architektenbüro Georg Metzendorf & Jacob Schneider ließ dort die neue Sparkassenhauptstelle errichten (1928-30). Das neungeschossige Turmgebäude der Stadtsparkasse prägte das Stadtbild der City. Der aus der Fassade heraus springende Dreieckserker, angestrahlt von der Lichtreklame „Sparet bei der Sparkasse“, sollte ein neues Wahrzeichen der City werden.

Der Gebäudekomplex (heute Theaterpassage) bot außerdem Platz für ein Möbelhaus, ein Kaufhaus und das Kleinkunsttheater „Casa Nova“.